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Exkursion- Mannschaftsfahrt

Über die Beschwerlichkeiten, die das Dasein als Kreisligafußballer mit sich bringen, haben wir ja bereits ausführlich aufgeklärt (körperliche, geistige, emotionale Belastung, ständige Termine, Aufeinandertreffen mit recht fragwürdigen Gestalten etc.). Nun wollen wir uns mit einer der Sonnenseiten beschäftigen, nämlich der sogenannten „Mannschaftsfahrt“. Wenn sich die kräftezehrende Saison dem verdienten Ende nähert, dann bereiten sich die Spieler mental auf den Abschluss vor. Wie man bekanntlich weiß, kann man zwar einfach irgendwohin fahren, doch besonders bei einer größeren Reisegruppe ist eine durchdachte Vorbereitung zu empfehlen.

Planung:

So wie es sich für deutsche Vereine gehört, ist auch eine Fußballmannschaft dadurch gekennzeichnet, dass es verschiedene Posten gibt, die durch die Spieler bekleidet werden. Der undankbare Kassenwart darf beispielsweise den zahlungsunwilligen Übeltätern hinterherlaufen. Möglichst frühzeitig in der Saison muss auch das wichtigste Amt verteilt werden. Im Idealfall wird die hohe Verantwortung der Planung für die Mannschaftsfahrt auf mehreren Schultern verteilt. Diese dürfen dann im vollen Kalender mehrere Zeiträume ausfindig machen, potentielle Reiseziele auswählen und Umfragen in der Whatsapp-Gruppe starten, um der Entscheidungsfindung Schritt für Schritt näher kommen zu können. Doch so einfach, wie es sich anhört, ist es natürlich nicht. Erstmal rennt man wochenlang hinter Rückmeldungen hinterher, da die Verwendung eines Terminkalenders nicht unbedingt die Stärke vieler Fußballer zu sein scheint. Dann kommt noch die Problematik des Reiseziels hinzu. Recht machen kann man es meist eh nicht allen Urlaubsreifen, aber einige Punkte sollten abzuwägen sein. Unter anderem gilt es den kleinsten gemeinsamen Nenner in folgenden Bereichen zu finden:

 

 

 

Unmittelbar vor der anstehenden Erholungsfahrt:

Bevor es dann tatsächlich losgeht, müssen noch einige Verantwortungsbereiche aufgeteilt werden. Vorausgesetzt natürlich, die notwendigen Überweisungen, Zusagen usw. sind zuverlässig erfolgt. So muss für die Dauer der Hinreise eine zufriedenstellende Versorgung der leiblichen Bedürfnisse sichergestellt werden. Wer kümmert sich um die ausreichende Flüssigkeitszufuhr? Soll neben Gerstensaft auch Hochprozentiger gereicht werden? Wer kümmert sich um die obligatorischen Mettbrötchen? Wer bringt die möglichst mit aufgeladenem Akku bestückte Musikbox mit? Wann ist Treffen und wer holt eigentlich den notorischen Zuspätkommer ab? Kleidungsordnung? Trikots, Hemden, Trainingsanzüge? Wenn das alles geklärt ist, kann es ja endlich losgehen.

Mannschaftsfahrten können je nach Bewertung und Beantwortung der Budget-Interessensfragen vollkommen unterschiedlich ablaufen. Da ich in meiner glorreichen Karriere schon einige Trips mitmachen durfte und immer lebendig zurückgekehrt bin, möchte ich einige Eindrücke in sehr subjektiver Einfärbung schildern, wobei im Sinne des Jugendschutzes nicht zu sehr ins Detail gegangen wird.

 

Scheiß drauf, Mannschaftsfahrt ist nur einmal im Jahr…

Deutsche generell und Vereine speziell haben das spanische Inselparadies, das von den Einheimischen liebevoll Malle genannt wird, längst für ihre gemeinsamen Fahrten entdeckt. Kegeltruppen, Fußballmannschaften, Stammtische und viele weitere Zusammenschlüsse fliegen jährlich dorthin, um ihren Ruf als höfliche, anständige und trinkfeste Gäste weiter zu festigen.

Da der Schreiberling selbst noch keine Mannschaftsfahrt auf die idyllische Insel mitgemacht hat, werden jetzt keine spekulativen Zeilen in die Tastatur gestümpert. Erzählungen nach können aber einige Eckpunkte dargestellt werden, die wohl für fast alle Mannschaften gleichermaßen gelten.

Bereits am bemitleidenswerten Flughafen lässt man alle Anwesenden wissen, was Sache ist. So kleidet man sich stilvoll in den Vereinsfarben, unterhält das Personal und die Mitreisenden mit liebevoll gegrölten Evergreens aus dem Stadion und vernichtet vor dem Check-In Unmengen an flüssigen Leckereien. An Bord treten die Kreisligahelden etwas auf die Bremse, sorgen dennoch für ein Animationsprogramm, das mit Geld nicht zu bezahlen wäre. Durch ihre Anwesenheit fallen die quengelnden Kleinkinder gar nicht mehr ins Gewicht.

Wenn alles gut geht, schaffen es alle Teilnehmer unbeschadet ins Hotel, das sich schon unheimlich auf die pflegeleichten Gäste freut. Unbeschadet ist wiederum sehr dehnbar. Keine Alkoholvergiftung, nur wenig oraler Auswurf, partielle Kontrolle über den Körper und die Fähigkeit, seinen Namen halbwegs fehlerfrei aussprechen zu können, gelten in diesem Zusammenhang als „unbeschadet“. Die Unterkunft wird bezogen, was bedeutet, dass man seinen Koffer aufs Bett wirft, sich schnell frisch macht und dann weiterzieht, um ein Abfallen des Pegels nicht durch unnötigen Zeitvertreib zu riskieren.

Die Tage bzw. Nächte verlaufen nach ähnlichen Mustern. An unterschiedlichen Orten genießt man die Kultur des Gastgeberlandes, unternimmt Exkursionen in Museen, schaut sich örtliche Theatergruppen an oder besucht Lesungen von Autoren, in denen die Auswirkungen des Tourismus auf die Gesellschaft prosaisch behandelt werden. Hin und wieder gönnt man sich zur leichten, einheimischen Kost auch einen kleinen Aperitif und gibt sich davon abgesehen dem Rehabilitationsprogramm hin, das nach einer Kreisligasaison überlebensnotwendig ist. Körper und Geist sind nach den Beschwernissen nahe am Exitus, weshalb der eine oder andere Gladiator dann doch ein wenig mehr als nen Aperitif zu sich nimmt. Beispielsweise kann der eine oder andere Eimer mit weinhaltigem Cocktail zur Erholung des müden Leibes beitragen.

 

Kollateralschäden

 

Wo gehobelt wird, fallen auch Späne, sagt eines der unzähligen Sprichworte, die es im Deutschen für Besserwisser und Schlauberger gibt. Wo gesoffen wird, sollte ein Ort zum Erbrechen nicht weit sein.  Wo eine Mannschaftsfahrt stattfindet, ist mit Kollateralschäden zu rechnen.

Diese Kollateralschäden können von mannigfaltiger Ausprägung sein und lassen der Phantasie keinerlei Grenzen. Durch erhöhten Konsum schmackhafter Spirituosen sind gewisse Ausfallerscheinungen recht wahrscheinlich. Wenn der für seriöse Kreisligakicker existenzielle Flüssigkeitshaushalt zu gut gedeckt ist, kann es im Rahmen der Exkursionen (Kneipe, Club, Strand, Toilette) zu Situationen kommen, in deren Folge ein Aufenthalt im Krankenhaus, der örtlichen Polizeiwache oder dem Fundbüro unausweichlich erscheint. Nähere Ausführungen erspare ich mir und überlasse diese der Einbildungskraft des geneigten Lesers.

Da man das Abenteuer glücklicherweise nicht allein bewältigen muss, sondern auf eine schlagkräftige Truppe zurückgreifen kann (jedenfalls, wenn nicht alle dem Suff anheimgefallen sind), werden jegliche Hindernisse mit Ach und Krach beiseite geräumt.

 

Wir kommen wieder!

Den Beschwerden des Personals, anderer Gäste und weiteren anwesenden Touristen zum Trotz ist der Tag der Rückreise gekommen. Die Körper der Kicker sind zeitgleich um Jahrzehnte gealtert und verjüngt worden. Die Mannschaftskasse ist leergefegt, die galanten Körper mehrfach gehäutet und nun muss der Flieger bei umgekehrten Voraussetzungen wieder bestiegen werden.

Die erholsamen Tage der Vorbereitung auf die Saisonvorbereitung sind beendet, die Kicker sind vollkommen hinüber und der Weg zum Flughafen steht an. Die meisten Teilnehmer bekommen schon Übelkeitsanfälle, wenn sie nur eine Dose Bier sehen und zerren ihren überfüllten und müffelnden Koffer hinter sich her. Einige Unverbesserliche und besonders Leistungsstarke lassen sich von den Drückebergern nicht aus der Ruhe bringen und gönnen sich beim Frühstücksbuffet noch den einen oder anderen Schnaps, damit der Rückflug möglichst angenehm über die Bühne geht.

Die Truppe verabschiedet sich vom Personal, das von den Mühen der letzten Woche gezeichnet ist. Das Trinkgeld fällt üppig aus, denn nächstes Jahr wird der Orkan Mannschaftsfahrt wieder über das Hotel hineinbrechen.

Nach wenigen Wochen der Ausnüchterung geht es dann auch schon wieder mit der elendigen Vorbereitung los, denn am Ende einer langen Saison möchte man ja gut gelaunt wieder auf Mannschaftsfahrt.

 

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