Wo ein Haufen begnadeter Fußballtalente über die ramponierten Rasenplätze hastet, gehört auch jemand hin, der dem Chaos den Anschein von Ordnung verleiht. Heute soll es um die Position des Trainers geben. Wenn man an Fußballtrainer denkt, dann schwirren einem direkt die großen Namen zwischen den Ohren herum. Neururer, Tedesco, Klinsmann, Matthäus und wie sie alle heißen. Allesamt seltene Mischungen aus Charisma, Sachverstand, Motivationskunst und sprachlichen Sonderlichkeiten. Auch ein Hauch von Glamour schwingt bei der Nennung dieser Legenden mit. Aber Glamour hat in der Kreisliga nichts verloren.
Die Tätigkeitsbeschreibung, wie auch die Eigenheiten der HB-Männchen an der Seitenlinie wollen wir heute mal in den Blick nehmen.
Zunächst einmal sollte erwähnt werden, dass die Ausübung des Traineramtes in den niederen Gefilden des besten Sports der Welt eine große Leidensfähigkeit voraussetzt. Hier mal einige der Aufgabenbereiche mitsamt der praktischen Umsetzung.
Kaderzusammenstellung: Wer 90 Minuten am Wochenende bestehen will, muss über einen breiten Kader verfügen. In der Regel stehen ca. 25 Mann auf der Liste. Verhandlungen über mögliche Vereinswechsel finden auf Schützenfesten oder in der Fußgängerzone statt, weshalb ein gewisser Grad an Trinkfestigkeit nicht von Nachteil ist. Die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Spieler wollen dabei Beachtung erfahren, damit sie am Ende der Saison nicht im Nachbarkaff auf Torjagd gehen. Dementsprechend gehört auch eine gehörige Portion Menschenkenntnis auf die Liste der nötigen Kompetenzen.
Training: Der eigentliche Kernbereich. Zunächst muss man die Fertigkeiten der zur Verfügung stehenden Spieler analysieren, die meist stark limitiert sind. Problem, die Spieler halten sich oft für verkannte Jahrhunderttalente. Jedenfalls sollte man durch die Trainingsgestaltung die Verbesserung seiner „Talente“ in den defizitären Bereichen erreichen. Da die hochgelobten, ehrenamtlich geführten Vereine unter einem absurden finanziellen Druck leiden, kann der Coach zufrieden sein, wenn er spieltaugliche Bälle, ein paar Hütchen und einen unfallfrei zu betretenden Platz zur Verfügung hat.
Trainingsbeginn 19 Uhr. Kadergröße 25 Mann. Anzahl der anwesenden Jahrhunderttalente um 19:30 Uhr sieben Leute, wobei einer seine Schuhe vergessen hat. Nun gilt es eine angemessene Trainingseinheit für die Rumpftruppe zu veranstalten. Anfänger bereiten sich darauf vor, zeichnen Übungen auf und machen sich Gedanken, wie sie die Truppe weiterentwickeln können. Echte Profis wissen, dass die Anzahl der Teilnehmer und deren körperliche Zustände nicht vorhersehbar sind und schütteln die Trainingsinhalte spontan aus dem Ärmel.
Spieltag: In der Hoffnung, dass es die notwendige Anzahl an Spielern zum Platz verschlagen hat, muss deren Tauglichkeit mit der geplanten Umsetzung der spielerischen Idee in Einklang gebracht werden. Sprich, wessen Restalkohol erlaubt nur einen Kurzeinsatz und wer sollte lieber erstmal ein Konterbier in seine dehydrierte Hülle schütten. In der Kabine dann die taktische Ausrichtung in möglichst einfachen Worten vermitteln. Dabei kann man generell eine Anhäufung von Phrasen vernehmen. Lasst die Kugel laufen. Spielt über die Außen. Eng am Mann stehen. Zweikämpfe annehmen. Vermeidet Freistöße am 16er. Lasst den Schiri in Ruhe.
Während des Spiels: Das rumpelhafte Gekicke sollte durch analytische Hinweise in die gewünschten Bahnen gelenkt werden. Wichtig ist auch die Unterstützung des Schiedsrichters, der auf die Hilfestellungen der Trainer angewiesen ist. „Kehr, mach doch mal die Augen auf! War doch das erste Foul! Auf Zuruf!“ sind dabei nur einige der möglichen Interventionen. Auch müssen taktische Umstellungen schnell und flexibel umgesetzt werden. Sprich, wenn ein Spieler über Krämpfe oder akuten Nachdurst klagt, muss der nächste Held zum Aufwärmen (trabendes Quatschen) geschickt werden.
Nach dem Spiel: Das Gesehene muss erstmal verdaut werden und eine kurze Rückmeldung an die Truppe ist ebenfalls erwünscht. Danach klingelt das Handy und ein Mitarbeiter des Lokalblattes möchte mit wenig Aufwand seine Seiten füllen.
Gesellschaftliche und vereinsinterne Verpflichtungen:
Neben den genannten Aufgaben sieht sich ein Kreisligatrainer mit einer weiteren Fülle von Tätigkeiten, Anwesenheitspflichten und anderweitigen Verpflichtungen konfrontiert . In Jahreshauptversammlungen muss er sich gegenüber den Aktionären der Firma (also deren Mitgliedern) verantworten. Um die Zunge zu lösen fließt das Bier in Strömen und wird von freiwilligen Helfern aus der Jugendabteilung (früh übt es sich) an die sitzenden Prominenten verteilt. Auch bei den Schützenfesten sollte sich ein Trainer blicken lassen, denn oftmals schießen Spieler aus seiner Truppe den Holzvogel zu Klump. Dabei kann man auch schon die Trinkfestigkeit analysieren, die für die Planung von Mannschaftsabenden und entsprechenden Fahrten von Vorteil ist. Wenn man dann noch das große Glück hat, bei einem Verein den Übungsleiter zu geben, der über eine gut gepflegte Internetpräsenz verfügt, muss man sich gelegentlich für Exklusivinterviews bei Pils und Schnaps zur Verfügung stellen und fleißig Phrasen verdreschen…
Die angeführten Bereiche decken natürlich nur einen Bruchteil der wirklichen Arbeitsfelder ab.
Beim nächsten Mal schauen wir uns eine typische Trainingseinheit an 😉
Kurz in eigener Sache:
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