Genug geplänkelt. Wir verlassen nun endlich die Nebenkriegsschauplätze und rücken an die Front. Heute soll es nämlich um die eigentlichen Schauplätze der Kreisligaspektakel gehen. Wir widmen uns den Fußballplätzen.
Die Zeiten, in denen die Freizeitsportler ihre Körper auf Ascheplätzen der Frührente näherbrachten, neigen sich allmählich dem Ende zu (ja, im Ruhrgebiet ist Asche noch verbreitet, aber auch auf dem Rückzug). Eigentlich gibt es grundsätzlich 2 mögliche Varianten.
Beginnen wollen wir mit der klassischen Herangehensweise an die Platzgestaltung.
Variante Naturrasen:
Das heilige Grün. Noch gibt es im Kreis Soest einige Naturrasenplätze, deren Erscheinungsbild allerdings stark schwanken kann. Wem das Bild von der Flimmerkiste vor Augen schwebt, dem sei gesagt, dass die Bundesligisten mehr Geld für den Kauf und die Instandhaltung ihrer Wiesen verpulvern, als der ganze Kreis Soest für Straßenbau und Bildung zur Verfügung hat. In den Kreisligen werden nicht alle paar Monate hochgezüchtete Rollrasenteppiche aus den Niederlanden verlegt. Nein, hier wuchert das Unkraut seit Jahrhunderten vor sich hin und wird liebevoll gehegt und gepflegt. Löwenzahn, Gänseblümchen, Disteln, Berge von Laub und brachliegende Matschflächen zieren das Geläuf.
Wenn man Glück hat, beträgt das Gefälle des holprigen, von Maulwürfen umgegrabenen Platzes weniger als 10 Prozent. Der Fünfmeterraum hat wahrscheinlich das letzte Mal Grashalme gesehen, als wir noch einen Kaiser hatten. Oftmals weist besagter Raum auch eine „Kuhlenhaftigkeit“ aus, in der sich Regenwasser sammelt, sodass ein Naturteich zum Plantschen und Erfrischen einlädt. Ob das mit der klischeehaften Statur des Amateurtorhüters zusammenhängt, wird von unterschiedlichen Instituten gegenwärtig noch erforscht. Die Rasenlänge variiert je nach Persönlichkeit des Platzwartes. So kann er sehr kurz geschoren sein, als ob eine überdimensionale Rasierklinge über den Platz gezogen wurde. Oder er ist so lang, dass sich das Mitbringen einer Machete empfiehlt, um seine Mitspieler auch sehen zu können.
Die Linien, die das Spielfeld eingrenzen, werden noch mit Kreidepulver in liebevoller Arbeit aufgetragen. Die serpentinenhafte Interpretation einer geraden Linie zeugt von der individuellen Herangehensweise und dem Auge für das Detail. Die Tore selbst, bzw. die Pfosten haben nicht selten mehr Dellen als Crashtest-Autos. Die Tornetze werden durch zahlreiche Kabelbinder zusammengehalten und mit Heringen aus der Campingabteilung in der Kuhweide fixiert.
Hinter den Toren finden sich bei einigen Vereinen, die es sich leisten können, Fangzäune bzw. Fangnetze. In den Stadien der Profis sollen derartige Konstruktionen die Zuschauer vor den scharf geschossenen Bällen schützen. In der Kreisliga decken diese gleich mehrere Arbeitsbereiche ab. Einerseits soll so ein halbwegs flüssiger Ablauf der Trainingseinheiten und Pflichtspiele gesichert werden. Denn unsere Helden zeigen bezüglich der Präzision ihrer Torschussversuche eine schrotflintenähnliche Streuung, sodass viele Bälle bis ins benachbarte Dorf fliegen würden, wenn da nicht die Umzäunungen wären. Hinzu kommt der monetäre Aspekt. Jeder Spieler, der einen „Homerun“ schlägt, es also sportartverwechselnd zustande bringt, das Leder über den Zaun zu jagen, der darf einen vorher vereinbarten Obulus in die Mannschaftskasse leisten, um die Mannschaftsfahrt auf finanziell stabile Füße zu stellen. Ergo, je talentfreier die Spieler, desto ausgelassener die Mannschaftsfahrt 😉
Wir möchten hier jetzt aber auch nicht das Schwarze an die Wand malen. Es gibt auch feine Fußballplätze. Sattes Grün, per Geodreieck ausgemessene Linien, makellose Tore usw… Allerdings zeichnen sich solche Paradiese meist durch eine permanente Beschilderung mit der Aufschrift „PLATZ GESPERRT!“ aus.
Dennoch ist festzuhalten, dass gerade die Schäbigkeit der Geläufe, der Mut zur (Gras)Lücke, die mit Kieselsteinen verfeinerten Fünfmeterräume und weitere Makel eigentlich die Schönheit dieser Plätze ausmachen. Aus ökologischer Sicht stellen sie wichtige Lebensräume für die heimische Flora und Fauna dar. Auch wenn einige Spielstätten so aussehen, als ob kurz vor dem Anstoß die Kühe und Schafe davongescheucht worden wären, ändert es nichts an dem Grundgedanken des Sports. Egal wo, ob asphaltierter Schulhof, ein von Plastikmüll versiffter Sandstrand, die verschneite Spielstraße oder das Kinderzimmer; man kann überall Fußball spielen, das macht es ja auch zum besten Sport der Welt 😊
Variante Kunstrasen:
In unserer heutigen Zeit gibt es ja alles aus Plastik. Weihnachtsbäume, Geld, Hundehaufen. Sogar die Weltmeere haben diesen Trend nicht verschlafen und beteiligen sich an der Weiterverwertung des kostbaren Materials.
Dementsprechend gibt es auch die kostspielige Möglichkeit, sich einen Fußballplatz aus künstlichen Hightech-Fasern auf den ehemaligen Ascheplatz zu kloppen. Die Finanzierung und Umsetzung solcher Projekte ist meist nur mit der Unterstützung der klammen Kommunen, privater Sponsoren und fleißiger Vereinsmitglieder möglich.
Die Vorteile liegen auf der Hand. Kein zeitaufwändiges Abkreiden der Linien, eine Beschaffenheit, die ein Kurzpassspiel wenigstens theoretisch ermöglicht, weniger Spielausfälle durch Regen… Auch muss das Geläuf nicht mehr mit dem Rasenmäher bearbeitet werden, was aber für den ordnungsliebenden Deutschen kein unüberwindbares Hindernis darstellt…
Dennoch gibt es auch bereits schlecht gealterte Plätze, die weniger einladend sind als gut gepflegte Arenen aus Asche. Viel Sand, kurze Halme, die sich auf Schürfwunden spezialisiert haben oder tonnenweise Granulat, welches sich die Spieler noch Wochen nach dem Gekicke aus allen Körperfalten puhlen müssen.
Die Kostspieligkeit erstreckt sich auch auf die perspektivische Nutzung, denn jeder Kunstrasenplatz wird mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum geliefert. Also muss irgendwann teilweise erneuert oder komplett neu gebaut werden… Ein Teufelskreis. Schließlich schwimmen die Vereine, die für so viele Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens von fundamentaler Bedeutung sind, nicht gerade im Geld. Im Gegenteil machen es die Daumenschrauben der gemeinnützigen (…) Institutionen, die den Fußball im Lande organisieren, strukturieren, reglementieren und sanktionieren schwer bis unmöglich, nachhaltig zu arbeiten. Aber das ist ein anderes Thema.
Nebenbei sei erwähnt, dass unsere Arena in Scheidingen ihren Zenit eigentlich längst überschritten hat. Doch dank der richtigen Pflege muss ich aus eigener Erfahrung sagen, dass es wenige Plätze gibt, auf denen man lieber grätscht oder durch die Gegend hechtet.