Im Vereinsheim befinden sich dann auch in der Regel die Umkleidekabinen. In beengten Räumen stehen Holzbänke, auf denen bereits die Oppas der Urgroßväter der Spieler Platz genommen haben, um sich die Eisenstollen festzuschrauben und der Marschroute des Trainers zu lauschen.Wenn der Verein über ein exorbitant hohes Budget verfügt, finden sich in dem Heiligtum auch ein Mülleimer, Besen und Kehrblech.
Der Geruch einer Kabine ist mit schnöden Worten kaum zu fassen. Jahrzehntelang beherbergten diese Umkleiden schwitzende, Alkohol ausdünstende, Matsch von den Beinen kratzende und Platzwunden behandelnde Helden. Der adrenalingeschwängerte Duft ist über die Jahre in jede einzelne Pore der Wände gewandert und strömt diese archaische Energie Sekunde für Sekunde aus. Unzählige Bierduschen haben auch der Decke ein unvergleichliches Aroma gegeben. Hier wird man nur vom Einatmen besoffen.
Die Duschen werden meist von einer Spezialfirma installiert und gewartet. Druck entweder plätscherndes Rinnsal oder feuerwehrgeeignete Kanone. Temperatur entweder eiskalt oder zum Brühen von Wurst geeignet. Der Abfluss ist eher der Kategorie „verstopfte Dekoration“ zuzuordnen. Grundsätzlich sind zwei Duscharten zu unterscheiden. Entweder man kann klassisch mittels zweier Drehelemente (theoretisch heiß und kalt) die gewünschte Temperatur manuell einstellen, was aber eher als utopische Wunschfantasie zu bewerten ist. Oder aber es steht ein großer Knopf zur Verfügung, der nach Betätigung den Wasserstrahl in Gang setzt. Die komplexe und aussichtslose Einstellung der Temperatur fällt somit weg, was nicht heißen soll, dass diese Variante besser ist. Aber, wer auf den Äckern des Kreises seine Gesundheit aufs Spiel setzt, dürfte über diese kleinen Mankos hinwegsehen. Besser als ein Bad im Salzbach ist es allemal.
Die Räumlichkeiten, in welchen die Brausen angebracht sind, weisen je nach finanzieller Lage und Prioritätensetzung unterschiedliche Konzeptionen auf.
Wenn das Gebäude nur über ein begrenztes Raumangebot verfügt, müssen entsprechende Kompromisse eingegangen werden. So kommt es nicht selten dazu, dass sich lediglich ein Trio der Kalkwasserschleudern der Reinigung der verschwitzten Traumkörper zur Verfügung stellt. In der Praxis könnte dies theoretisch zu ärgerlichen Verzögerungen und Staubildungen führen. Doch die Kreisligahelden zeichnen sich grundsätzlich durch ein hohes Anpassungspotential aus. Entweder wird abwechselnd unter der Düse gestanden und eingeschäumt oder man nutzt die Gegebenheiten, um sich die Theke etwas näher zu betrachten. Natürlich gibt es auch Duschräumlichkeiten, die von der Anzahl der Wasserstrahler her eher für den Mannschaftssport geeignet sind. Zwei Reihen mit jeweils 4 Duschgelegenheiten laden zum längeren Verweilen ein und verwandeln die schnöde Dusche in einen Traum von Dampfbad.
Auch Gemeinschaftsduschen für beide Mannschaften gibt es im bunten Universum der Kreisligen. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht stellt diese Herangehensweise ein interessantes Experiment dar, welches der Stählung verschiedener Kompetenzen dient. Der richtige Umgang mit Sieg und Niederlage im Angesicht des entblößten Widersachers, den man vor 15 Minuten noch den Ellbogen in die Rippengegend gewuchtet hat. Die Verbesserung der Frustrationstoleranz, wenn man nach einer schallenden Niederlage dem Kontrahenten sein Shampoo leiht, statt ihm eine Kopfnuss zu geben. Im Idealfall kann man sich gemeinsam über den stümperhaften, inkompetenten und blinden Schiedsrichter echauffieren, statt sich zu fragen, warum man zum x-ten Mal das leere Tor verfehlt hat.
Wie immer im Leben, hat der Letzte das Nachsehen. In der Regel muss nämlich der letzte Nutzer die Kabine fegen und die Duschen flitschen. Solange man aber nicht die undefinierbare Masse aus den Abflüssen puhlen muss, kann man auch mit dieser Aufgabe leben. Oder man duscht einfach zuhause und verzichtet auf derartige Abenteuer.