Gedankenspiele zum Totensonntag von Franz-Josef Berz
Am kommenden Sonntag ist Totensonntag. An diesem Tag gedenken vor allem die evangelischen Christen der Toten. Es ist ein stiller Feiertag. Weihnachtsmärkte dürfen nicht öffnen, Veranstaltungen sind kaum erlaubt und Amateurfußball ist auch nicht. Für mich ein Anlass nicht nur an die Toten zu denken, sondern auch an den Fußball.
Wie kommt der Spinner darauf, werden sich einige Leser fragen. Nun, weil ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind, den Fußball ganz langsam zu Grabe zu tragen.
Ich höre gerne zu; und was ich manchmal so höre erschüttert mich. Meine Familie ist sehr BvB-lastig, und viele in meinem Umfeld teilen die Symapthien für Borussia Dortmund. Man könnte meinen, der BvB erlebt momentan die schwerste Krise seit dem 1. Weltkrieg. Wir sind nur Fünfter! Der Trainer muss weg, den und den Spacko kannst du gar nicht gebrauchen. Watzke und Zorc sind Vollpfosten usw. usw. usw. Das ist so die Grundstimmung, die ich momentan wahr nehme. Und das ist auch bei allen anderen Proficlubs so, wenn es mal nur ein paar Wochen nicht so läuft wie man es sich wünscht.
Ich bin als Kind mit dem BvB in die 2. Liga gegangen. In den 70-ziger und 80-ziger Jahren haben wir in der Rote Erde und im Westfalenstadion Spiele gesehen die waren wirklich grauenhaft. Aber am nächsten Samstag sind wir wieder hin. Vielleicht ist es ja nur eine subjektive, verklärte Wahrnehmung oder Erinnerung, aber ich bin sicher wir haben nicht alles sofort hinterfragt und schlecht gemacht. Der Fuball, also das „SPIEL SELBER“, hat uns Spaß gemacht. Damals waren die Besucher und Fans in den Stadien auch meist selbst in Fußballvereinen aktiv und gingen Sonntags selber auf den Platz. Entweder als Spieler oder Funktionär, aber mindestens als Zuschauer.
Wie stellt sich das Heute alles so dar? Der Fußball ist zu einem Hype und zu einem gigantischen Wirtschaftsfaktor geworden. Die Vereine sind in verschiedene Gesellschaften gesplittet. Das sind GmbH`s, dass sind AG`s, dass sind KG`s etc. Übrigens erstaunlich, dass die meisten Clubs noch e.V. sind, und damit die Steuererleichternde Gemeinnützigkeit erhalten.
Der Fußball ist Kommerz pur geworden! Fernsehsender zahlen irrwitzige Summen für die Übertragungsrechte. Scheichs, Energydrinkhersteller, Autokonzerne, Chemiegiganten usw. leisten sich ganze Clubs. Ablösesummen schweifen in astronomische Höhen. Die Ablösesumme für einen gewissen Herrn „Neymar“, bekomme ich noch nicht einmal fehlerfrei auf Papier geschrieben. Wenn eine Mannschaft 3 mal verliert, dann wird durch die Medien den Verantwortlichen schon Druck auf die Seele gelegt. Denn es wird unverblümt der Trainer hinterfragt. Man muss ja die Sendezeiten und die Printmedien mit sogenannten Sensationen füllen. Ich gewinne den Eindruck, dass ein Terroranschlag irgendwo auf dieser Welt mit etlichen Opfern auf der ersten Seite unten gemeldet wird. Und oben steht, dass sich Nationalspieler xy einen Nagelpilz gefangen hat.
Die Strukturen in den Verbänden, haben Deutschland,- Europa,- Weltweit mafiöse Züge angenommen. Wöchentlich neue Skandal- und Korruptionsmeldungen. Die Arroganz der Funktionäre ist kaum noch zu ertragen. Ihre Selbstherrlichkeit bringt mir immer einen extremen Brechreiz in den Hals.
Und wie sehen die Übertragungen der Fußballspiele mittlerweile aus? Das Bild wird plötzlich kleiner. Ein Exprofi und Exnationalspieler posiert für eine Wettbude. Hier kann dann jeder Handynutzer noch auf die Schnelle sein Geld verzocken und wetten. Da gibt es die skurrilsten Möglichkeiten! Z.B. ob Ronaldo in der 80. Minute noch ein Tor schießt, ob er das mit links oder rechts oder mit der Rübe macht, oder ob er vielleicht einfach nur einen fahren lässt. Mitten im Spiel ein fetter Balken im Bild, wo dann die nächste Liveübertragung irgendeiner Sportveranstaltung angepriesen wird, die man dann natürlich buchen muss. Und die der Sender für „kleines“ Geld eingekauft hat. Allerdings reicht der „Eine Sender“ heute nicht mehr um alle Spiele zu gucken. Man muss mehrere Sender buchen, wenn man das komplette Gebolze am Wochenende, dass übrigens mittlerweile bis Montag Abend geht, optisch verschlingen will.
Und wie sieht es Sonntags auf den Fußballplätzen der Amateure aus. Gähnende Leere. Nur die Treusten kommen noch zum Sportplatz. Amateur, was war dass noch mal?
( Einleitung aus Wikipedia: “ Ein Amateur (französisch, von lateinisch amator ‚Liebhaber‘) ist eine Person, die – im Gegensatz zum Profi – eine Tätigkeit aus Liebhaberei ausübt, ohne einen Beruf daraus zu machen bzw. Geld für ihre Leistung zu erhalten.)
Besser kann man es nicht umschreiben. Die Amateure im ganzen Land krebsen meist am unteren Limit. Ihre Leistung wird in verlogenen Sonntagsreden gefeiert. Aber gewürdigt wir sie nicht, oder nur mit Nadel und Urkunde. Kaufen kann der Verein sich davon leider nichts.
Für viele Fußballanhänger in Westfalen ist es wichtiger und interessanter Sonntags im Sofa zu sitzen, und zu gucken was der Club eines Brauseherstellers aus Ostdeutschland gegen einen abgasskandalgeschüttelten Autoclub aus Norddeutschland macht.
Quo Vadis Fußball? Vielleicht sägen ja manche Vereine und Funktionäre an dem Ast auf dem sie sitzen. Und ihr? Ihr denkt mal bitte darüber nach!